Vorläufige Bewertung der Rapssorten

In den BSA Ertragseinstufungen lassen sich vorwiegend Stabilitäten in den Korn- und Ölerträgen und dem Ölgehalt ablesen, die Toleranz gegenüber Krankheiten wie Phoma lingam und Verticillium longisporum scheint bei einigen Sorten Fortschritte zu machen. Eine positive Einstufung für alle Stängelkrankheiten kann allerdings die Dreschbarkeit beeinträchtigen („wie krank sollte eine Sorte sein?“)! Das Hauptaugenmerk der Züchtung in Bezug auf die Pflanzenlänge, geht teilweise hin zu längeren Pflanzen (APS 5-6) mit geringer Neigung zu Lager (APS 3), d.h. guter Standfestigkeit. Die unterschiedliche Vorwinterentwicklung lässt ein breiteres Fenster an Saatzeiten zu.

Bei den Liniensorten gibt es wieder keine Neuerungen. Für leichte Standorte unter früher bis mittlere Saat sind die Sorten Arabella, ES Alegria oder Adriana geeignet. Auf besseren Standorten bei mittlerer Saatzeit ist die Sorte Patron eine gute Wahl. Wenn die Sorten überhaupt noch angeboten werden! Liniensorten haben immer dann mitgehalten, wenn sich Stress in der Vegetation in Grenzen gehalten hat.

Hybridsorten durchlaufen die Jugendentwicklung bis zum 4 Blatt Stadium schneller als Liniensorten, können Stresssituationen besser kompensieren und sind prädestiniert für normale und spätere bis sehr späte Saatzeitpunkte. Eine mittlere Herbstentwicklung, wie sie zum größten Teil durch die BSA-Noten beschrieben wird, eignet sich besonders für mittlere bis späte Saatzeiten. Für sehr späte Aussaatfenster sind nicht alle Sorten geeignet. Stressfaktoren sind schwere, tonige Böden, trockene, flachgründige Standorte, extensive Bodenbearbeitung mit schlechter Strohverteilung und Bodenverdichtungen. Aber auch starker Schädlingsbefall, Spätfrost oder Staunässe im Frühjahr fordern das Regenerationsvermögen einer Sorte. Das Mulchsaatverfahren gehört nur in die Reihe dieser Faktoren, wenn es schlecht durchgeführt wird. In der Reaktion auf das Bodenbearbeitungsverfahren gibt es auch Sortenunterschiede.

Beispiele für Sortentypen

Kurzstrohtypen: Letitia(L), Patron(L), Halbzwerge

Mittlerer Typ: Adriana(L), Arabella (L), Galileo(L), DK Exception, Ludger, Aganos, Smaragd, DK Platon, PT 284, Ivo KWS, SY Floretta, Lucifer, Crocodile, Croozer, PT 312, DK Exbury

Massentyp: LG Architect, LG Ambassador, DK Expansion, Hybrirock, Ernesto KWS, Heiner, RGT Cadran, Daktari, Archivar, LG Ambrosius, KWS Amboss, Cheeta, PT 314, SY Alibeat, DK Expose; LG Scorpion, Famulus, LG Aberdeen

Auf Sand bzw. Trockenstandorten sind Arabella (L), LG Architect, LG Ambassador, Smaragd, Scotch und Ivo KWS geeignet. Die Sorten KWS Ambos, Ambrosius, Archivar, Aganos und LG Activus und Daktari sollten ausprobiert werden. Auf kalten, feuchten, schweren Standorten ist neben der Frohwüchsigkeit auch die Resistenz/Toleranz gegenüber Phoma Stängelfäule gefragt. Hier sind eher Massentypen aber auch Sorten wie DK Expansion, LG Ambassador und andere Sorten mit guter Phomatoleranz (RLM 7) geeignet. Aus dem Spektrum der neueren Sorten bieten sich die Sorten, Ambos KWS, Aganos, DK Excited sowie Daktari und LG Activus an.

Auf Standorten mit hohem Nachlieferungspotenzial oder regelmäßigem Einsatz von organischen Düngern steht auch die Standfestigkeit im Fokus. Hier ist bei den Sorten auf eine gute Standfestigkeit zu achten. Winterhärte und Spätfrostgefahr spielen ebenfalls eine Rolle für die Sortenwahl. Die Winterhärte ist besonders gefährdet, wenn die Sorten im Herbst Längenwachstum aufweisen. Alle Frühstarter wie z.B. Ludger, die ältere Sorte Violin und andere haben Probleme bei langanhaltenden Spätfrösten im Frühjahr. Auf eine stets wiederkehrende Spätfrostgefahr ist durch nicht zu schnell startende Sorten im Frühjahr (Tabelle: Fhj. Start-Blüte) sowie eine Risikoteilung durch Sorten mit unterschiedlichem Entwicklungsrhythmus zu begegnen.

Für intensive Mulchsaatsysteme sind die meisten Sorten nach unseren und anderen Versuchen ähnlich geeignet wie nach Pflug. Grundsätzlich sind unter schwierigen Verhältnissen, wie schwerer Boden, feuchter Standort oder viel Stroh die oben im Text unter „Sand“ und „schwere Standorte“ aufgeführten Sorten zu wählen. In Mulchverfahren kann etwas früher mit der Saat begonnen werden. Dann sind auch viele nicht so kräftige Sortentypen geeignet, da genug Zeit für eine günstige Bewurzelung bleibt, allerdings auch für die Kohlfliege (siehe Beizartikel).

Ein Merkmal gewinnt hinsichtlich der häufig auftretenden, milden Winter und des Verbotes der Düngung auf gefrorenen Boden an Bedeutung: Wie verhält sich die Sorte in milden Wintern bzw. wie schnell startet die Sorte ausgangs Winter? Das Frühjahr 2020 hat es gezeigt: Der Raps konnte kaum zeitgerecht angedüngt werden, weil durch den milden Winter der Raps sich bereits Anfang Februar im Schossen befand, aber die Befahrbarkeit nicht gegeben war. Daraus ergeben sich folgende Risiken:

  • Auswinterungsgefahr
  • durch verspätete Andüngung

 

Besonders der zweite Punkt könnte künftig an Bedeutung gewinnen: Die N-Düngung wird weiter heruntergefahren, die Vorräte im Boden sinken, die Herbstdüngung auf das absolut Notwendige begrenzt. Zudem kann es Probleme mit einer zeitigen Andüngung im Frühjahr geben, da nach DüV bei Frost kein Stickstoff mehr ausgebracht werden darf. Entsprechend sollten bei der Sortenwahl nicht nur „Frühstarter“ ausgewählt werden.

Im Clearfield-Segment gibt es dieses Jahr keine Neuzulassungen in Deutschland.

Virusresistenz gegen Wasserrübenvergilbngsvirus (TuYV)

Die Resistenz gegenüber TuYV ist eine sogenannte partielle Resistenz. Der Erreger wird auch bei den resistenten Sorten von den Läusen übertragen. Er kann sich aber in den Pflanzen nicht so schnell ausbreiten, sodass ein möglicher Schaden verhindert oder gemindert wird. Am Ende der Vegetation findet sich in den Analysen die gleichen Virusmengen in den resistenten Pflanzen.

Die Gefahr von frühen, ertragswirksamen Virusinfektionen steigt mit Fehlen der insektiziden Beizen. Warme Herbste und Winter sorgen seit einigen Jahren dafür, dass sich die Läusepopulationen nicht wieder neu aufbauen müssen. Zur Verhinderung von Virusübertragungen müssen frühzeitige Besiedelungen der Flächen mit wirksamen Insektiziden verhindert werden. Zum Teil werden Läuse bei der Bekämpfung von Rapserdflöhen miterfasst, sind aber unter dem Blatt sitzend schwer zu erreichen. In dem Fall haben resistente Sorten klare Vorteile. Bei TuYV-resistenten Sorten wird in der Regel eine schnellere Herbstentwicklung beobachtet.