Notwendigkeit der Herbizidbehandlung im Herbst

Der Herbsteinsatz von Getreideherbiziden sollte aufgrund der zunehmend angespannten Resistenzsituation auf den meisten Betrieben fest eingeplant sein. Die letzten Jahre zeigten einmal mehr, wie wichtig ein Herbizidmanagement und das Ausnutzen von Wirkungsgraden ist. Der Einsatz einer Bodenkomponente ist hier ein zentraler Drehpunkt zur Regulierung der Begleitflora. Ein Aussetzen der Herbizidbehandlung im Herbst kommt nur für ausgewählte Spätsaaten in Betracht, ansonsten sind die Bestände bis zum Frühjahrstermin schon zu stark von der Begleitflora bedeckt, beziehungsweise ist die Entwicklung dieser zu weit vorangeschritten, als dass ausreichende Wirkungsgrade im Frühjahr erzielt werden können. Als Faustregel für eine zwingende Herbstbehandlung kann man das Auflaufen des Getreides bis Ende Oktober setzen. Danach steigt das Risiko, dem aufkommenden Getreide die Entwicklungsbedingungen durch die Herbizidapplikation deutlich zu erschweren. So sollten immer noch mindestens zwei Wochen Vegetationszeit verbleiben, damit sich die Bestände von der Maßnahme erholen können. Auf Gräserstandorten wäre zu überlegen, wenn es die Vegetationszeit bei den späten Terminen gerade noch so zulässt, zumindest die Gräserkompontente (bspw. Flufenacet) zu applizieren und somit nur die dikotyle Komponente ins Frühjahr zu schieben.

Bei später Saat in Kombination mit verzettelt und im Frühjahr auflaufenden Ungräsern und -kräutern wie Weidelgras, Trespe, Hundskerbel oder Kornblume macht eine Verschiebung ins Frühjahr Sinn. Zu beachten ist bei solchen Strategien allerdings immer, dass im Frühjahr die Hauptlast der Wirkung auf den zwei resistenzgefährdetsten Wirkstoffgruppen liegt, nämlich den ACCase- (z.B. Axial50) bzw. ALS-Hemmern (z.B. Atlantis Flex, Broadway). Diese Mittel müssen dann im Extremfall gegen größere und den Wirkstoff besser metabolisierende Beikräuter und -gräser ankommen.

Andererseits gibt es auch Unkräuter, die im Herbst durch Bodenwirkstoffe sicher erfasst werden, im Frühjahr allerdings sehr schwer zu bekämpfen sind. Dazu gehören Ackerstiefmütterchen, Ehrenpreis und Storchschnabel. Außerdem sollte auf Standorten mit klassischen Herbstkeimern wie Windhalm und Ackerfuchsschwanz eine Verschiebung ins Frühjahr nur erfolgen, wenn aufgrund mangelnder Vegetationszeit die Verträglichkeit bei der Kultur in Gefahr ist. Auch wenn leider meist ein Nachputzen des Ackerfuchsschwanzes im Frühjahr unumgänglich ist, kann man durch gering resistenzgefährdete Bodenwirkstoffe den Gesamtwirkungsgrad der Strategie deutlich erhöhen.

Voraussetzungen hinsichtlich Boden und Witterung

Wichtig für Herbstanwendungen mit Bodenherbiziden ist ein feinkrümeliges, gut abgesetztes und feuchtes Saatbett. Hohe Humus- und Tongehalte im Boden sorgen für eine Festlegung von Wirkstoffanteilen und führen damit zu geringeren Wirkungsgraden. Hier sollten erhöhte Aufwandmengen zum Einsatz kommen. Auch feuchte oder unter Wasser stehende Flächenanteile mindern die Wirkungsgrade durch den Verdünnungseffekt. Auf sehr leichten Standorten kann es infolge hoher Niederschläge zur Verlagerung der Wirkstoffe kommen, was zur Schädigung des Keimlings und zur Minderwirkung durch eine Verdünnung im Wirkungsbereich führen kann. Eine genaue und nicht zu flache Ablagetiefe (mind. 2,5 -3 cm) des Saatkornes ist sehr wichtig. Dabei ist auch zu beachten, dass der Boden sich nach der Saat noch setzt. Eigene Versuche zeigen, dass sich auch beim Roggen eine tiefere Ablage ertraglich nicht negativ auswirkt und bei griffigen Mischungen zusammen mit Niederschlägen nach der Saat zu einer deutlich besseren Verträglichkeit führt.

Ein weiterer Punkt, der für die Wirkungssicherheit der Herbizide entscheidend ist, sind die Witterungsverhältnisse. Die flufenacethaltigen Gräserherbizide wirken fast ausschließlich über den Boden. Bleibt es in der Auflaufphase der Ungräser trocken, sind schlechte Wirkungsgrade vorprogrammiert. Muss trotzdem, z.B. wie im Fall der Wintergerste, mangels Alternativen mit diesen Mitteln gearbeitet werden, so muss die Spritzung wenigstens umgehend nach der Saat bei guten Applikationsbedingungen erfolgen und die Aufwandmengen sollten nicht zu gering gewählt werden. Die Wirkungsgrade können auch durch ein Anwalzen der Saat, natürlich vor dem Herbizideinsatz, verbessert werden.

Wird wegen absoluter Trockenheit der Behandlungstermin nach hinten geschoben, so muss die Tankmischung um eine blattwirksame Komponente gegen die bereits aufgelaufenen Ungräser ergänzt werden. Dies gilt vorrangig für Ackerfuchsschwanz und Weidelgras, während bei ausreichender Bodenfeuchte Windhalm auch noch im 1-2-Blatt Stadium bekämpft wird. Bei Ackerfuchsschwanz und Weidelgras kommt man, wenn die Bodenoberfläche durchstoßen ist, mit reinem Flufenacet bereits zu spät.

Herrschen langanhaltende Trockenphasen in Kombination mit einer hohen Strahlungsintensität und geringer relativer Luftfeuchte vor, führt dies bei allen Blattherbiziden zu Wirkungsverlusten. Die Pflanzen bilden dann eine dickere Wachsschicht aus, was die Wirkstoffaufnahme verringert. Unter solchen Bedingungen ist auch der Zusatz von Additiven interessant. Lesen Sie dazu das Kapitel Additive am Ende des Journals.

Als für die Verträglichkeit kritische Wetterbedingung ist Frost nach der Applikation von Sulfonylharnstoffen zu sehen. Neben einer mangelnden Metabolisierung des Wirkstoffes in der Kulturpflanze kommt es bei geringen Nachttemperaturen durch die reduzierte Stoffwechselaktivität auch zu einer verminderten Wirkstoffaufnahme bei den Unkräutern/-gräsern. Auch Mischungen mit dem Bodenwirkstoff Diflufenican (DFF) können bei über mehrere Tage andauernden Temperaturen unter -2 °C und DFF-Mengen von über 40-60 g/ha zu Blattaufhellungen oder zeitweisen Wachstumsdepressionen führen. Liegen die Temperaturen aber zumindest tagsüber bei 8-10 °C werden die Kulturen die Wirkstoffe abbauen können und keine schwerwiegenden Schädigungen davontragen. Varianten mit Pendimethalin und Flufenacet sind auch bei geringen Temperaturen bedenkenlos einsetzbar.

Ein gesondertes Thema ist der Ausfallraps. In engen Rapsfruchtfolgen nimmt das Thema Rapsmüdigkeit (nachlassende Erträge) und Kohlhernie deutlich zu. Entsprechend darf Ausfallraps nicht größer als 2-3 Laubblätter groß werden, um Krankheiten nicht weiter zu tragen. Das gilt für die Stoppelbearbeitung, aber natürlich auch für die Herbizide. Meist reicht ein Bodenherbizid nicht aus. Saubere Bestände erzielen wir im Herbst häufig nur, wenn zu einem späteren Zeitpunkt separat der Ausfallraps bekämpft wird. Bei kleinem, aufgelaufenem Raps reichen 15 g/ha Pointer SX o.ä.

Strategien

Bei den Strategien wird typischerweise zwischen den Leitungräsern Windhalm und Ackerfuchsschwanz unterschieden. Zunehmend fällt in verschiedenen Regionen auf, dass der Weidelgrasdruck deutlich mehr wird. Kontrollieren Sie bitte genau, denn Weidelgras wird massiv unterschätzt. In Deutschland gibt es erste resistente Populationen und weltweit ist es DAS Problemungras!

Einsatzzeitpunkt, Mittelwahl und Aufwandmengen sind an den auf dem Standort vorkommenden Leitunkräutern und dabei zunächst an den Gräsern festzumachen. Sowohl Windhalm als auch Ackerfuchsschwanz werden durch den Bodenwirkstoff Flufenacet erfasst. Als Partner gegen breitblättrige Unkräuter ist der Bodenwirkstoff Diflufenican eine gute Ergänzung. Der ebenfalls allein auf Bodenwirkung basierende Wirkstoff Pendimethalin wird gegen Breitblättrige eingesetzt bzw. kann die Gräserwirkung unterstützen. Auf undrainierten Flächen mit mäßigem Gräserdruck kann man statt mit Flufenacet in der Windhalmstrategie auch mit dem Wirkstoff Chlortoluron (bei mehr als 1.000g Wirkstoff/ha ist die Sortenverträglichkeit bei Winterweizen zu beachten) arbeiten. Neu bei den Herbststrategien ist der Wirkstoff Aclonifen (Mateno Duo). Dieser ist vielen aus dem Herbizid Bandur (u. a. Kartoffeln und Leguminosen) bekannt. Mateno Duo (500g/l Aclonifen + 100 g/l DFF) wird zusammen mit Flufenacet (Cadou SC) vermarktet.

Strategien bei Standardunkräutern wie Ackerstiefmütterchen, Kamille, Klette, Raps könnten sein

Schwerpunkt Windhalm (EC 00-11)

Schwerpunkt Ackerfuchsschwanz und Weidelgras (EC 00-09)

Dabei kann man für die Windhalmbekämpfung die Flufenacet-Menge mit 140-160 g Wirkstoff ansetzen. Für Ackerfuchsschwanz sind 240 g Wirkstoff nötig. Die Menge an Diflufenican sollte sich etwas mehr nach der Bodengüte richten und zwischen 40 und 90 g Wirkstoff betragen. Auf sandigen Standorten können Mengen über 75 g/ha zu Verträglichkeitsproblemen führen. Für die Unkräuter Ehrenpreis und Storchschnabelarten werden 80 – 90 g/ha benötigt, bei Ackerstiefmütterchen 60 g/ha.

Optimaler Einsatzzeitpunkt für oben genannte Strategien ist der Vorauflauf (Ackerfuchsschwanz, Weidelgras) bis frühe Nachauflauf (Windhalm: maximal 2-Blattstadium des Getreides). Für maximale Wirkung und Verträglichkeit hat sich das Saatbett vor der Behandlung etwas gesetzt und Niederschläge oberhalb von 30 mm sichern nach der Behandlung die Wirkung der Bodenkomponenten ab. Bedingungen, die leider nicht immer seltener Realität werden. Auf schweren Böden sichert das Walzen nach der Saat die Wirkung gegen Ackerfuchsschwanz deutlich ab.

Gerade bei Ackerfuchsschwanz ist es für die Wirkung des Flufenacets entscheidend, dass es (auch) nach dem Einsatz regnet! Der Wirkstoff braucht viel Wasser. Am besten vor UND nach dem Einsatz. Sollte es aber wie letztes Jahr an ergiebigen Niederschlägen mangeln, ist die Behandlung unmittelbar an die Aussaat zu knüpfen. Frei nach dem Motto: morgens Drillen abends Spritzen.

Durch den Zusatz von Boxer lässt sich das Einsatzfenster für Herbizidbehandlungen mit Gräserwirkung vor allem bei Trockenheit bis EC 10/11 (Ackerfuchsschwanz und Weidelgras) bzw. EC 12-13 (Windhalm) nach hinten ziehen. Des Weiteren machen ab dem 3-Blattstadium auch Varianten mit blattaktiven Sulfonylharnstoffen Sinn. Rückfallstrategien für den Einsatzzeitpunkt 3-4 Wochen nach der Aussaat könnten sein:

Schwerpunkt Windhalm

 

 

Schwerpunkt Ackerfuchsschwanz (allerdings nur ausnahmsweise als Rückfallstrategie zu betrachten !)

Eine bewusste Verschiebung der Herbizidbehandlung in den Nachauflauf kann auf Standorten mit hohem Kornblumendruck Sinn machen und/oder auf leichten Flächen ohne Problemgräser die Verträglichkeit erhöhen. Eine spezielle Variante gegen Kornblume könnte sein:

  • 0,2 l/ha Herold SC + 1,5 l/ha Trinity (Einsatz in EC 11/12)

Blattaktive Ergänzungen oder Nachbehandlungen im Herbst sind mittlerweile nicht nur bei zu groß gewordenen Gräsern oder später auflaufenden Kornblumen üblich. Auf vielen Flächen breiten sich auch Vertreter der Umbelliferen (z. B. Wilde Möhre, Hundskerbel, Hundspetersilie, Gefleckter Schierling) aus. Erfahrungsgemäß werden diese nicht sicher mit dem Bodenwirkstoff Diflufenican erfasst. Deshalb sollten im Herbst bei sehr starkem Druck zusätzlich blattaktive Wirkstoffe eingesetzt oder in Spritzfolgen ergänzt werden. Im Getreide haben einige ALS-Hemmer (Sulfonylharnstoffe wie Metsulfuron) eine ausreichende Wirkung auf diese Arten, wenn sie frühzeitig eingesetzt werden. Besteht im Herbst nicht die Gefahr, dass die Kultur unterdrückt wird, sollte diese Maßnahme im zeitigen Frühjahr gefahren werden, um Nachläufer mitzuerfassen.

Informationen zur Zulassung und Wirkung