Beizmittel Getreide

Die Beizung von Wintergetreide ist nahezu unabdingbar. Es ist die effektivste Möglichkeit, samen- und bodenbürtige Krankheitserreger zu bekämpfen. Die Ausmaße von Flug- und Steinbrand sind vielen Betriebsleitern „jüngerer Generationen“ nicht bewusst, da sie lange Zeit nicht mit diesen Problemen konfrontiert wurden. Durch konsequente Beizung sind diese Krankheiten unbedeutend geworden. Chemische Beizen erzielen bei samenbürtigen Krankheiten einen Wirkungsgrad von nahezu 100 %. In den letzten Jahren ist allerdings ein vermehrtes Auftreten dieser Krankheiten zu erkennen. Gründe dafür sind zu enge Getreidefruchtfolgen mit dem entsprechend hohem Infektionsdruck (Frühsaat) sowie das „Einsparen“ der Beize beim eigenen Nachbau. Zusätzlich erschwerend sind trockene Bedingungen zum Aussaattermin. Die Beize muss bei der Quellung mit Hilfe der Bodenfeuchte einen Beizhof um das Korn bilden. Durch die Trockenheit im Herbst 2018 konnte man in den abreifenden Gerstenbeständen Ähren mit deutlichem Flugbrandbefall erkennen.

Die Beizen Landor CT (5 g/l Tebuconazol, 25 g/l Fludioxonil und 20 g/l Difenoconazol) und Celest (25 g/l Fludioxinil) von der Syngenta sind mit dem Formulierungshilfsstoff „Formel M“ ausgestattet, bei Arena C (5 g/l Tebuconazol und 25 g/l Fludioxinil) kann der Formulierungshilfsstoff nachträglich zugesetzt werden. Durch diesen Zusatz sollen die Fließeigenschaften und die Verteilung des Beizmittels verbessert werden. Zudem soll Formel M den Abrieb bei der mechanischen Beanspruchung des gebeizten Korns vermindern.

Eine weitere Universalbeize der Syngenta ist Vibrance Trio. Sie ist in allen Wintergetreidearten zugelassen. Vibrance Trio enthält Tebuconazol (10 g/l), Fludioxonil (25 g/l) sowie Sedaxane (25 g/l). Erfasst werden auch bei dieser Beize alle samen- und bodenbürtigen Erreger, sowie zusätzlich Schneeschimmel und Rhizoctonia. Der neue Wirkstoff Sedaxane zählt auch zur Gruppe der Carboxamide. Allerdings wird dieser Wirkstoff nicht in die Blätter verlagert, wodurch der Einsatz aus Sicht möglicher Resistenzen recht unkritisch ist.

Von der BASF wird als Universalbeize Rubin Plus angeboten. Die Anwendung ist in allen Wintergetreidearten möglich und setzt sich wie folgend zusammen: Fluxapyroxad (33,3 g/l), Fludioxonil (33,3 g/l) und Triticonazol (33,3 g/l). Neben den bekannten samen- und bodenbürtigen Erreger erfasst Rubin Plus sehr gut Typhula sowie Rhizoctonia.

 

 

Winterweizen

Aufgrund der guten Bekämpfung von Bränden, stehen andere Erreger bzw. Krankheiten im Vordergrund. samenbürtiger Schneeschimmel (Microdochium nivale) lässt sich ebenfalls mit den meisten Beizen gut bis sehr gut bekämpfen. Allerdings tritt der Pilz auch bodenbürtig auf, wobei die Bekämpfung dort schwieriger wird und sich die Präparate in der Wirkung unterscheiden. Hier spielen die Systemizität sowie die Depotwirkung der Fungizide eine große Rolle. Bei schlecht ernährten Pflanzen, stark überwachsenen Beständen und nicht gefrorenem Boden mit langanhaltender Schneedecke kann es trotz der Beizung zu Schneeschimmelbefall kommen. Dieser fällt aber durch die Beizung nachgewiesen geringer aus.

Der samenbürtige Befall von Septoria nodorum lässt sich mit den Universalbeizen Landor CT, Rubin Plus und Vibrance Trio sehr gut bekämpfen. Die samenbürtige Bekämpfung von Fusarium spp. ist etwas schwieriger, da der Erreger sich im Embryo des Saatkornes befindet. Die potentesten Produkte sind hier die Beizen Rubin Plus, Vibrance Trio und Arena C. Fusarium spp. kommt jedoch auch im Boden vor, wobei hier die Bekämpfung begrenzt ist und keine hohen Wirkungsgrade erreicht werden. Für Spätsaaten kann aufgrund der guten Verträglichkeit Celest in Frage kommen. Dabei fehlt jedoch die Wirkung gegen Flugbrand, wobei dies vor allem bei hohen Temperaturen, also Frühsaaten, kritisch ist.

Durch den Anbau von Stoppelweizen, sowie einem generell höheren Weizenanteil in der Fruchtfolge und steigenden Anteilen an Frühsaaten, hat Schwarzbeinigkeit (Gaeumannomyces graminis) an Bedeutung stark zugenommen. Besonders hohe Ausfälle zeichnen sich immer dann ab, wenn der bodenbürtige Pilz optimale Entwicklungsbedingungen vorfindet, sprich, wenn Herbst und Frühjahr warm und feucht sind und der Winter mild. Am stärksten ist die Krankheit in den letzten Jahren meist im dritten oder vierten Jahr der Weizenselbstfolge aufgetreten. Im weiteren Verlauf kommt es dann zum „Decline-Effekt“, wo sich im Boden „Gegenspieler“ aufbauen, die den Erreger natürlich dezimieren. Zu erkennen ist Schwarzbeinigkeit an den dunkelbraunen bis schwarzen, später vermorschten Wurzeln, die sich leicht aus dem Boden ziehen lassen. Man kann dem Erreger und auftretenden Befall mit Spezialbeizen einschränken, wobei hier kein hundertprozentiger Erfolg zu verzeichnen sein wird, da die Wurzeln, sobald sie aus dem Beizhof herauswachsen im „ungeschützten Bereich“ infiziert werden. Allerdings können durch die Beizung, die am stärksten ertragswirksamen Frühbefälle verringert und Mehrerträge erreicht werden. Für diesen Zweck stehen die Spezialbeizen Latitude (Winterweizen und Wintertriticale) und Latitude XL (Wintergerste, Winterweizen und Wintertriticale) mit dem Wirkstoff Silthiofarm (125 g/l) zur Verfügung, die ausschließlich eine Wirkung gegen diesen Erreger haben und somit zu einer, sogenannten, Standardbeize hinzugebeizt werden müssen. Latitude löst sich nach der Aussaat in kurzer Zeit vom Korn und bewegt sich langsam in der Bodenlösung. Dadurch wird ein Beizhof um die Wurzel gebildet, die dann gegen Schwarzbeinigkeit geschützt wird.

Wintergerste

Bei der Gerstenbeizung stehen hauptsächlich die Bekämpfung des Flugbrandes (Ustilago nuda) und der Streifenkrankheit (Drechslera graminea) im Vordergrund. Beide Erreger lassen sich mit den meisten Universalbeizen sehr gut bekämpfen, wodurch sich die beiden Krankheiten, wie die Brände beim Weizen, nicht unmittelbar im Zentrum der Diskussion befinden. Auch hier gilt, dass durch das Unterlassen der Beizung sich die Erreger rasch wieder ausbreiten und großen Schaden anrichten können. Wichtig für eine gute Wirkung ist die eingangs erwähnte ausreichende Bodenfeuchte für die Etablierung des Beizhofes.

Stärker als beim Weizen steht die Bekämpfung von Schneeschimmel (Microdochium nivale) bei der Gerste im Fokus, da die Gerste anfälliger ist und auch deutlich höhere Verluste (bis zum Totalausfall) eintreten können. Da der Pilz bodenbürtig ist, ist es schwierig eine 100 %-ige Wirksicherheit zu erzielen. Gute Wirkungserfolge zeigen die Universalbeizen Landor CT, Rubin Plus und Vibrance Trio.

Wie auch beim Weizen haben einige Beizen zudem eine Wirkung auf Blatt- und Stängelkrankheiten. Aufgrund der frühen Aussaat und der noch recht günstigen Witterung infizieren Netzflecken (Drechslera teres) den Bestand bereits im Herbst recht häufig. Zum einen werden die Pflanzen geschwächt und dadurch wiederum anfälliger für Auswinterung, zum anderen baut sich bereits vor Winter ein hohes Ausgangsinokulum für das Frühjahr auf. Eine Wirkung gegen Netzflecken in der Gerste hat nur die Beize Systiva (333 g/l Fluxapyroxad), da allerdings gegen den Wirkstoff schon Resistenzen vorliegen, sollte eine Beizung nur im Rahmen eines geeigneten Resistenzmanagements stattfinden. Durch die biologische Beize Cedomon (110,4 g/l Pseudomonas chl.) kann eine Befallsminderung erreicht werden.

Schädlinge

Aktuell ist nur eine insektizide Beize zugelassen. Signal 300 ES (300 g/l Cypermethrin) ist mischbar mit allen gängigen Getreidebeizen und ist in Winterweizen und Wintergerste gegen die Getreidebrachfliege und den Schnellkäfer (Drahtwurm) zugelassen. In Winterroggen ist Signal 300 ES zusätzlich noch gegen die Frittfliege und den Getreidelautkäfer zugelassen. Die Anbeizung darf nur in professionellen Saatgutbehandlungseinrichtungen erfolgen.

Spurennährstoffe

Spurenelemente sind vor allem am Aufbau und der Aktivierung des Stoffwechsels sowie der energieübertragenden Prozesse beteiligt. Getreide hat im Jugendstadium vor allem hohen Bedarf an Mangan, Kupfer und Zink. So sind beispielsweise Mangan und Kupfer für die NO3-Aufnahme, die Photosynthese sowie den Zellwandaufbau erforderlich und besonders in der gesamten Jugendentwicklung der Pflanze in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen! Durch einen Mikronährstoffmangel kann die junge Pflanze stark geschwächt und so anfälliger für Krankheiten und Frost werden. Die Getreidepflanze wird im frühen Jugendstadium ausreichend aus dem Saatkorn mit Mikronährstoffen versorgt. Mit Einsetzen der Bestockung sind diese Reserven in der Regel aufgebraucht und die Nährstoffe müssen über die Wurzel aus dem Boden aufgenommen werden.

Auf den meisten Standorten ist für die Grundversorgung der Pflanze aus dem Boden gesichert. Besondere Probleme bestehen auf typischen Mangelstandorten wie sorptionsschwache und auswaschungsgefährdete Standorte mit sandiger Bodenart. Diese weisen eine unterdurchschnittliche Ausstattung mit pflanzenverfügbaren Spurennährstoffen auf. Des Weiteren nimmt die Verfügbarkeit dieser Nährstoffe mit steigendem pH-Wert durch Festlegung im Boden ab. Auf alkalischen Böden kann dadurch, ungeachtet eines ausreichenden Gehalts im Boden, die Versorgung mit bestimmten Spurenelementen eingeschränkt sein. Mikronährstoffe sind nur in der Bodenlösung mobil, nimmt diese durch Trockenheit ab, sinkt auch die Mobilität der Nährstoffe. Wenn zwei dieser Faktoren zusammenkommen (Trockenheit + hoher pH-Wert oder Trockenheit + sorptionsschwacher Boden) ist eine Beeinträchtigung der Pflanze vor bzw. im Winter vorprogrammiert.

Am wirkungsvollsten ist bei bestehendem Mikronährstoffmangel die Zufuhr über das Blatt, um unter anderem der Festlegung im Boden zu entgehen. Die Blattapplikation ist auf extremen Mangelstandorten oft fraglich. Zum einen ist die Blattmasse im Herbst noch zu gering, um höhere Mengen Nährstoffe über das Blatt aufnehmen zu können und zum anderen können die Pflanzen zum Zeitpunkt der Applikation bereits zu stark durch den Mangel in ihrer Stoffwechselfunktion und so der Nährstoffaufnahmefähigkeit eingeschränkt sein.

Unter diesen Bedingungen ist eine Beimischung von Spurennährstoffdüngern in die Beize zur Sicherstellung der Nährstoffversorgung im Jungendstadium sinnvoll. Inzwischen gibt es beim Handel einige spezielle Spurennährstoffbeizen z.B. Custosem, NutriSeed oder Ympact. Custosem setzt sich aus dem Additiv Kantor sowie der Biostimulans Nutri-Phite Magnum S zusammen. Die Anwendung erfolgt dann mit 45 ml Kantor und 30 ml Nutri-Phite Magnum S. NutriSeed, eine reine Nährstoffmischung enthält z.B. 117,9 g/l Kalium, 53,7 g/l Mangan, 7,6 g/l Kupfer und 18,3 g/l Zink mit einer Aufwandmenge von 250 ml/dt Saatgut. Eine Mischbarkeit mit den gängigen fungiziden Beizen ist gegeben. Ympact als relativ neues Produkt enthält organische Säuren und die Spurennährstoffe Kupfer, Mangan, Molybdän und Zink bei einer Aufwandmenge von 70 ml/100 kg Saatgut. Möglich sind auch Produkte, die für die Blattdüngung gedacht sind. Allerdings besteht hier immer das Risiko, dass es aufgrund der Formulierung zu Mischungsproblemen mit der fungiziden Beize kommt. Abgesicherte Untersuchungen hierzu bestehen leider nicht, lediglich einzelne Informationen von Praktikern. Hiernach ist das Mischen von Mikronährstoffbeizen, Fungiziden und Insektiziden im Allgemeinen möglich, wenn das betreffende Beizmittel eine wasserlösliche Formulierung besitzt (Wasser als Lösungsmittel). Grundsätzlich sollte jedoch immer eine Anmischprobe durchgeführt werden.

Elektronengebeiztes Saatgut wird in den letzten Jahren unter verschiedenen Namen vermarktet. Eine Anwendung kann in jeder Kultur stattfinden. Angebeboten wird es unter anderem unter den Namen E-Pura, E-Vita oder auch ePlus. Bei diesem Verfahren wird die biozide Wirkung niedrigenergetisch beschleunigter Elektronen genutzt. Vorteile dieser der Beizung sind, dass keine gesundheitlichen Gefahren für den Anwender entstehen, keine Abstands- oder Anwendungsauflagen eingehalten werden müssen, keine Keimhemmung oder -beeinträchtigung bei Überlagerung entstehen und Reste problemlos verfüttert werden können. Gerade bei späten Saaten ist diese Art der Beizung interessant, da die Keimung zügiger vonstattengeht. Allerdings sind die Wirkungsgrade gegenüber Pathogenen deutlich verringert, weshalb vor allem gesundes Saatgut verwendet werden sollte.

Wirkungen bestehen gegen folgende Krankheiten:

Sehr gut erfasst werden:

  • Weizensteinbrand
  • Roggenstängelbrand

Oftmals nicht ausreichend erfasst werden:

  • Blatt- und Spelzenbräune
  • Streifenkrankheit (Gerste)
  • Fusariumarten (samenbürtig)
  • Schneeschimmel (samenbürtig)

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)

Grundlegende Zulassungsinformationen erhalten Sie beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)

www.bvl.bund.de