Gliederung

 

 

Hintergrundwissen: Additive und Wasserkonditionierung

Einleitung

In den letzten Jahren wird vermehrt von Additiven, Formulierungshilfsstoffen (FHS) und Zusatzstoffen zu Pflanzenschutzmitteln gesprochen. Seit 2022 müssen diese nicht mehr nur gelistet werden, sondern sie müssen ein Genehmigungsverfahren durchlaufen, in dem ihr Vertrieb und die Anwendung vom Bundesministerium für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) genehmigt wird. Dabei wird geprüft, dass durch den Zusatzstoff bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren, das Grundwasser und den Naturhaushalt stattfinden. Um das zu gewährleisten, ist für genehmigte Zusatzstoffe die Anwendung bezüglich der Mischung mit Pflanzenschutzmitteln, der Aufwandmenge, der Anwendungshäufigkeit und des Einsatzes in bestimmten Kulturen oder Anwendungsgebieten vorgegeben.

Verhalten auf dem Blatt

Normalerweise sollte davon ausgegangen werden, dass Pflanzenschutzmittel (PSM) fertig formuliert sind und daher ohne Zusätze eine optimale Wirkung entfalten können. Allerdings weichen die geprüften, optimalen Bedingungen der Zulassung von den realen Anwendungsbedingungen ab. So sind neben einer optimalen Wirkung, ist beispielsweise auch die Lagerungs- und Transportfähigkeit bei Pflanzenschutzmitteln von großer Bedeutung für eine Zulassung. Daher ist es schwer ein Mittel so zu formulieren, dass es unter jeglichen Bedingungen die volle Wirkung erreicht. Neben abiotischen Faktoren, wie Luftfeuchtigkeit, Sonneneinstrahlung oder Temperatur, spielen phänotypische Eigenschaften, wie Blattbehaarung oder Blattstruktur, eine wichtige Rolle. Zusätzlich wird der Einsatz von FHS wichtiger, je geringer der zu erwartende Wirkungsgrad des Wirkstoffes ist. Für die unterschiedlichen Anforderungen von Pflanzenschutzmitteln können die Additive einen Beitrag zur Wirkungssicherheit und Wirkungsverbesserung leisten.

Einige Wirkstoffgruppen hängen sehr stark von Formulierungshilfsstoffen ab. Der Einsatz dieser Wirkstoffgruppen ohne FHS ist in der Regel mit Wirkungsverlusten verbunden. Dazu gehören neben den FOP- und DIM-Mitteln auch Sulfonylharnstoffe oder Wuchsstoffe (z.B. U 46 M-Fluid oder Lontrel). Ausnahmen sind Mittel mit OD-Formulierungen, da die Wirkstoffe hier bereits in einem Öl gelöst sind. Bei manchen Mitteln ist die Notwendigkeit der Additiv Beimischung nicht immer offensichtlich, da es häufig bereits in Kombination gefahren wird. Ein Beispiel ist Lontrel, welches meist zusammen mit einem Fungizid ausgebracht wird, welches dann die Funktion eines Additivs übernimmt.

Der Einsatz eines Additivs ist gerade bei blattaktiven Mitteln (v.a. Herbiziden) häufig sinnvoll und teilweise sogar notwendig.

Vor der Auswahl des Additivs ist auf die spezifische Wirkung zu achten, da sie unterschiedliche Wirkungsschwerpunkte haben.

Drei Hauptgruppen lassen sich bei den Additiven unterscheiden:

  • Penetrationsmittel erleichtern die Aufnahme der Pflanzenschutzmittel in die Pflanze (z.B. Kantor, Mero, Trend, Li 700)
  • Haftmittel verbessern die Haftung des Pflanzenschutzmittels auf der Pflanzenoberfläche (z.B. Bond)
  • Eine „Untergruppe“ der Haftmittel ist in den Präparaten zu sehen, welche die Verlagerungsgeschwindigkeit in die Bodenmatrix verzögern sollen. Diese Mittel werden Bodenherbiziden zugesetzt, damit der Herbizidfilm in den oberen Zentimetern stabilisiert wird (z.B. Herbosol).
  • Eine weitere „Untergruppe“ bilden die Additive Squall oder Bostat. Diese Additive sollen neben den Haftungseigenschaften am Zielort zusätzlich das Abdriftverhalten positiv beeinflussen.

 

Es gilt also: Vorsicht bei Mehrfachmischungen mit und ohne Additive!

Allerdings ist das Thema der FHS sehr komplex und muss genau betrachtet werden. Denn so wie es zahlreiche unterschiedliche Formulierungshilfsstoffe gibt, so gibt es auch die verschiedensten Anwendungsbereiche. Die Frage nach den Additiven muss jedes Mal neu gestellt und individuell abgewogen werden.

Dazu an dieser Stelle zwei Beispiele. Das Mittel Pointer SX hat einen Wirkstoffgehalt von 50 % und eine WG-Formulierung. Bei einem Einsatz von 30 g/ha Pointer SX (50 % AWM) applizieren Sie also 15 g/ha Wirkstoff. Die übrigen 15 g/ha bleiben theoretisch für FHS und Hüllmasse übrig. Eine echte Unterstützung für den Wirkstoff durch bessere Benetzung, Anhaftung oder Penetration kann also nicht erwartet werden. Anders bei dem Fungizid Imbrex XE. Das Mittel hat eine EC-Formulierung (emulgierbares Konzentrat). Alle Formulierungsbestandteile bilden hier mit Hilfe eines Lösungsmittels eine homogene Emulsion (ohne Wasser). Imbrex XE hat einen Wirkstoffgehalt von nur 6,25 %. Das heißt, bei einer Aufwandmenge von 2 l/ha (100 % AWM) bringen Sie 125 g/ha Wirkstoff aus. Für Lösungsmittel und weitere Formulierungshilfsstoffe bleiben hier 1.875 g/ha! Ein weiterer Zusatz von Additiven kann ohne Effekt sein, sich aber auch ins Gegenteil umschlagen (Ablaufen des Mittels von der Oberfläche).

In fertig formulierten Produkten muss außerdem beachtet werden, dass mit reduzierter Aufwandmenge der Anteil FHS automatisch reduziert wird. So ist das Graminizid Targa Super mit 2,0 l/ha gegen Quecke oder mit 1,25 l/ha gegen Ausfallgetreide und andere Ungräser zugelassen. Häufig werden aber gerade im frühen Einsatz im Raps Aufwandmengen zwischen 0,7 bzw. 0,8 l/ha gefahren. Hier sollte unbedingt ein Additivzusatz oder die Kombination mit einem Fungizid erfolgen.

Insgesamt ist die Konzentration des Additivs in der Spritzbrühe ebenfalls entscheidend.

Bei Unsicherheiten im Einsatz dieser Mittel sollten Sie in jedem Fall Ihren Berater kontaktieren.

Wasserkonditionierung

Neben den „klassischen“ Additiven, welche das Verhalten des Wirkstoffes auf der Zielfläche beeinflussen, kommen immer mehr Wasserkonditionierer ins Gespräch. Diese sollen die Wasserqualität so einstellen, dass die hinzugefügten Wirkstoffe möglichst lange stabil sind, damit ein möglichst hoher Anteil des der Spritzbrühe hinzugefügten Wirkstoffes auch als Aktivsubstanz wieder die Spritze verlässt. Für einen Großteil der auf dem Markt verfügbaren Pflanzenschutzmittel liegt der optimale pH-Wert der Spritzbrühe im leicht sauren Bereich. Ausnahmen bilden Sulfonylharnstoffe (SHS), deren Wirkung bei zu niedrigen pH-Werten herabgesetzt wird: Die Löslichkeit von SHS steigert sich bei einem Anstieg von pH 5,5 auf 7,0 um den Faktor 100.

Neben pH-Wert ist auch die Härte des Wassers entscheidend. Die im harten Wasser enthaltenen freien Kationen bilden Komplexe mit den Wirkstoffen und inaktivieren diese (alkalische Hydrolyse).

Wer sich mit dem Thema beschäftigen will, sollte zunächst den Ausgangszustand seines Wassers kennen. Informationen zum pH-Wert und Wasserhärte in „Deutsche Grad“ (dH) sind bei Leitungswasser oft im Internat einsehbar oder direkt beim örtlichen Wasserlieferanten nachzufragen. Bei Brunnenwasser lohnt es sich eine Probe zur einmaligen Analyse einzuschicken. Auch Messstreifen für pH-Wert und Wasserhärte, um die fertige Spritzbrühe zu überprüfen, sind einfach zu besorgen und zu handhaben. Ziel sollte eine Spritzbrühe mit einem pH zwischen 5 und 6 sowie geringer Wasserhärte (ca. 7-10 dH) sein. Die Wirkstoffe fallen unter suboptimalen Verhältnissen auch nicht sofort aus oder werden abgebaut. Allerdings sind einige Wirkstoffe mit Hinblick auf die Wasserkonditionierung besonders zu beachten. Dazu im Folgenden einige Beispiele.

Zunächst haben nicht alle Wirkstoffe die gleichen Ansprüche an den pH-Wert und es werden auch nicht alle Wirkstoffe gleichermaßen durch freie Kationen in ihrer Wirkung beeinträchtigt. So sind unter alkalischen Bedingungen (hoher pH-Wert) besonders Pyrethroide oder Phenmedipham gefährdet. Aber auch viele Wuchsstoffe und wuchsstoffartige Herbizide sowie einige FOPs und DIMs reagieren negativ auf zu hohe pH-Werte. Ein gutes Beispiel für die Komplexität des Themas ist der Wirkstoff Phenmedipham (PMP). Dieser hat bei pH 7 noch eine Halbwertszeit von 12 Stunden, die sich bei pH 9 aber auf 10 Minuten verringert. Doch ist PMP auch ein gutes Beispiel für die Unterschiedlichkeit der Formulierungen. Denn die erwähnten Halbwertzeiten beziehen sich auf den technischen Wirkstoff, nicht auf den Wirkstoff im fertig formulierten Produkt. Hier ist die Varianz zwischen den Formulierungen und damit den verschiedenen Mitteln zum Teil erheblich. Während die Stabilität von PMP früher häufiger ein Problem war, konnte der Wirkstoff mittlerweile in moderneren Formulierungen relativ gut stabilisiert werden.

Die meisten Sulfonylharnstoffe reagieren negativ auf zu niedrige pH-Werte. Besonders Tribenuron (Pointer SX) ist unter eher sauren Bedingungen wenig stabil. Hier sollte der pH der Spritzbrühe nicht unter pH 5,5 fallen.

Unter hartem Wasser „leiden“ Glyphosat, Sulfonylharnstoffe (Ausnahme: Tribenuron) und DIMs. Auch die Wirkung von Prohexadion (Medax Top) lässt in hartem Wasser nach, weshalb die üblich zugegebene Menge Turbo eventuell um eine weitere Menge SSA ergänzt werden sollte.

Schwieriger wird das Ganze, wenn in der Tankmischung auch noch Nährstoffe hinzukommen. Zum Beispiel kann der pH-Wert nach einer Zugabe von Bor (Na-Borate) schnell bei 8 oder sogar 9 liegen, während Bor-Ethanolamin nicht so basisch wirkt. Borsäure hat keine alkalische Wirkung!

Gerade der Insektizideinsatz im Winterraps wirft hier Probleme auf, da vielfach in Kombination auch hohe Bormengen in die Bestände gefahren werden soll. Hier muss unbedingt „angesäuert“ werden. Bei hohem pH-Wert des Wassers (> 6,8) und Bormengen > 100 g Reinnährstoff kommen einige Konditionierer an ihre Grenzen (PHfix und Sprayplus). Unter diesen Bedingungen ist der Einsatz von Zitronensäure unabdingbar.

    Wasserkonditionierer sind konzentrationsabhängig und laut Herstellerangaben entsprechend zuzusetzen. Modernere Mittel sind „Wasseraufbereiter“ mit multiplen Eigenschaften wie z.B. X-Change mit Wirkung auf pH-Wert, Wasserhärte, Auskristallisierung, Schaumstopp und Verträglichkeit.

    Genannte Mittel oder Aufzählungen sind auf keinen Fall vollständig, der Artikel soll vor allem sensibilisieren und darauf hinweisen, dass über den Umgang mit Additiven / Wasserkonditionierern sehr sorgfältig nachgedacht und gehandelt werden sollte.

    Mischungsreihenfolge

    Damit die Mischung von Erfolg gekrönt ist, müssen die Mischungsreihenfolgen beachtet werden:

    1. Wasser zu pH 4/5, ansäuern (Konditionierer, Zitronensäure),
    2. Insektizid,
    3. Mischungspartner,
    4. Wasser auffüllen.

    Übersicht der Additive, Zusatz- und Formulierungshilfsstoffe